CD-Review AUGER – The Awakening
Written by Sym on 19. Juni 2018
CD-Review zu Auger “The Awakening”
von Kery
Ein recht junges Duo aus Großbritannien erobert gerade den nachtschwarzen Chart-Himmel auf dem Kontinent und in den Vereinigten Staaten. Im April 2018 erschien ihr neues Album „The Awakening“. Wer den Stücken der beiden Musiker Anfang 20 lauscht, wird sich einerseits in die Sphären des frühen Millenniums versetzt fühlen und gleichzeitig mit allen Elementen der Szene bedient, die je in der Goth und Dark Music Sparte Einzug gehalten haben und hatten. Man verschmelze The Crüxshadow, Evanecence, Deine Lakaien, Sisters of Mercy, Intent:Outtake und Nightwish jeweils zu unterschiedlichen Mischungsanteilen und man bekäme einen etwaigen Eindruck der Musikrichtung von Auger. Dennoch haben Kyle Wilson (Lead Gesang, Keys, Programmierung) und Kieram Thornton (Gitarre, Background Gesang) eine besonderen Stil erarbeitet.
„The Awakening“ beginnt zunächst mit elektronschen Sequenzen und flächigen Keys, sphärisch und treibend ohne permanent durchstampfende Bassbeats. Dazu tiefer und gebremster Sprechgesang. Wer jedoch denkt, das sei schon die gesamte Bandbreite hat gewaltig geirrt. Bereits das nächste Stück schlägt einen rockigeren Touch an ohne den Kontakt zum Sphärischen zu verlieren. Dabei kommt die Stimme von Kyle Wilson bereits ganz anders zur Geltung. Tatsächlich singt das beachtenswerte Talent bis in echte Basslage und wagt sich mit tonaler Sicherheit spielerisch in ausgefallene Melodien und punktuell sogar ins Falcette.
Mit heroisch gerolltem „R“ setzt Wilson reizvolle Akzente, die allerdings bei „Nightcrawlers“ ein wenig Metal-Pathos aufkommen lassen. Das tut dem Gesamtkonzept aber keinen Abbruch. Auch zweistimmige Parts, Background Vocals und Wechselgesänge mit Kieram Thornton sind ausgewogen und gekonnt gestaltet und zeigen allein in den Stimm-Arrangements das Potenzial an Kreativität und Ausdruckswillen der beider Musiker.
Ebenso reizvoll die weibliche Stimmeinlage in „Burn“. Die Lyrics der Band drehen sich um Einsamkeit, Angst, Gruselwesen, Tod, Leidenschaft und Liebe. Von Gewitter-Romantik mit melancholischen Pianoklängen bis hin zu offensiven Elektro-Rockpassagen, nie brachial, immer dicht und recht glaubwürdig am textlichen Inhalt, verstehen Auger ihr Handwerk für die Wirksamkeit ihrer Kompositionen und Texte.
Dabei geht die Musik, mehr als andere Bands des Genres es versuchen, ein paar Schritte an die Klippen des Experimentellen ohne dabei aber sonderlich aus dem Rahmen zu fallen, denn der Rahmen ist recht groß. Was auffällt, ist die gelungene und eigenwillige Kombination von Elekto- und Metal-Elementen, die durch den ausdrucksstarken Gesang und die wirklich hervorragenden Arrangements miteinander verbunden werden.
Erfrischender Weise existieren Bratgitarre und synthetische Klänge sehr transparent und fast unabhängig voneinander, sind aber dicht genug zusammen, um ein Ganzes zu bilden. Ein wichtiges Verbindungsglied sind dabei neben dem
Gesang die programmierten Drums. Doublebass, Snare und Toms sind komponiert als Metalbeats, bleiben aber ohne Dynamik oder Basslastigkeit dezent und synthetisch hinter allem anderen und passen zur E-Gitarre genauso wie zu den Keys.
Außerdem gibt es keine Frequenzüberschneidung mit der tiefen Stimmlage. Diese transparente klangliche Entrückung bringt wiederum eine sehr individuelle Stimmung hervor und unterscheidet sich maßgeblich von anderen Bands, die eher mit bombastischer Soundgewalt punkten. Die Umsetzung dieser „Bescheidenheit“ wird mit Sicherheit eine besondere Herausforderung bei Live-Konzerten; die Tour mit Stoneman ist für September anberaumt. Ich bin sehr gespannt.
Zusammengefasst kann ich sowohl „The Awakening“ als auch die Band „Auger“ nur empfehlen. Man kann das Album komplett durchhören und ist immer wieder neu überrascht und ergriffen. Selbst wenn man sich an manches andere erinnert fühlt, auch wenn der Sound ein wenig an den Hörgewohnheiten rüttelt, was mir persönlich sehr gut gefällt. Auf jeden Fall behalte ich diese vielversprechende Band im Auge! Es interessiert mich brennend, wie sich ihr Stil weiter entwickelt, wenn die Fleißarbeit sich mit erfahrener Gefühlstiefe verbindet. Denn das … wird unaufhaltsam geschehen!