Das VEIDstanz Festival Vol. 4
Ein Rückblick von Markus Symeon Blum
Am 17.03.2018 rief Ben Koser erneut die Menschen und Bands ins
Pfefferberg Haus 13 in Berlin, und diesem Ruf folgten nicht nur viele, viele hilfsbereite Menschen mit tollen Ideen, sondern auch 7 Bands und ein bewundernswerter Tontechniker – aus Siegburg (NRW).
Was war da also in Berlin los? Bereits zum vierten Mal veranstaltete Ben das
VEIDstanz Festival, das er 2014 als gänzlich private Person ohne jeden Sponsor oder Mäzen aus der Taufe hob. Mit ehrenamtlichen Helfern fand in der 12° Aetherloge (Berlin) das allererste Festival statt, inspiriert von einem Auftritt des Duos MEYSTERSINGER, kombiniert mit der Versteigerung eine Bildes vom TheARTer Galerie Inhaber für einen Dachverband mit dem prägnanten Namen VEID eV. Der weniger einprägsame aber besser verständliche Name ist Bundesverband Verwaister Eltern und trauernder Geschwister in Deutschland eV – und nun ist klar, warum es dieses Festival gibt! Sternenkinder und ihre Hinterbliebenen, sowie deren Umfeld und oft auch professionellen aber ehrenamtlichen Helfer. Damit diese Menschen Hilfe beim Weg aus der Trauer zurück ins glücklicherer Leben finden, braucht es starke, helfende Hände. Und die kann der VEID eV entweder vermitteln, oder sogar selbst reichen.
Allerdings braucht der Verein dabei selbst Hilfe aus der Bevölkerung – also von uns– weil die Krankenkassen die Wichtigkeit seiner Arbeit – und die der fast 500 Vereine, die unter dem VEID eV bundesweit zusammengefasst sind – auch nach mehr als 20 Jahren noch immer nicht erkennen (wollen). Gutachten, Forschungen, und andere wissenschaftliche Prozesse laufen zwar, und der VEID eV ist bereits im Paritätischen Verband aufgenommen, aber die endgültige Bewertung und Anerkennung steht weiterhin aus.
Und hier kommt das kleine, familiäre Event ins Spiel. Aufgezogen von einfachen Menschen, Laien in Sachen Eventmanagement, wuchs eine Idee zu einer kleinen, eingeschworenen Gemeinschaft und einem amtlichen Festival heran.
2018 haben sich neuerlich 7 großartige Bands bereit erklärt, ohne Gage oder andere Entgelte für den guten Zweck zu spielen. Und es waren echte Sahnestücke dabei…
Markus Symeon Blum eröffnet das VEIDstanz Festival Vol. 4
Mit bedauerlich großer Verzögerung begrüßte Markus Symeon Blum von Radio DarkFire die Besucher. Beglückwünschte sie zu ihrer Entscheidung, erklärte kurz, worum es beim VEIDstanz Festival geht, und wer der ist. Dann gab er die Bühne für die erste Band frei.
Eröffnet hat das diesjährige Reigen eine Band, die in der rauhen See von Köpenick zu Hause ist. Austenit spielt eine ganz besondere Form des Metals, nämlich Piratenmetal. 30 Minuten voller brettharter Riffs, tiefem Growling und treibenden Doublebassdrums, kombiniert mit sanftem Klargesang von den beiden Frauen der Band und Hannes, sowie 2 verschiedener Flöten schunkelten und bangten sich die Besucher in Stimmung.
Austenit beim VEIDstanz Ferstival Vol. 4
Nach einer kurzen Umbaupause wurde es kontrastreich. Die drei charmanten Ladies von
Bluebottle Jinx übernahmen die Bühne und überraschten mit experimentellen Klängen, und Instrumententausch während des Auftritts. Fast schon avantgardistisch, aber auf jeden Fall einzigartig kann man ihren Klang beschreiben. Weitere 30 Minuten bester Unterhaltung und durchweg interessanter Texte, die unserer Gesellschaftsform den einen oder anderen Spiegel vorhalten.
In der Umbaupause gab die
Feuershow „Ravenchild“ ein kleines Intermezzo mit interessanten LED-Kostümen, bevor die nächste Band auf die Bühne kam. Auf ihrer Facebookseite könnt ihr ebenfalls einen Bericht lesen.
Band Nummer 3 des Tages braucht man eigentlich kaum noch vorzustellen. Sie sind Veteranen beim VEIDstanz:
Shade of Shambles. Eine Berliner Band, die auf eine lange und konstante Historie von weit mehr als 2 Dekaden zurückblicken kann. Und sogar den weitgereisten Tonmann beeindruckt haben. Sie haben bewährte Stücke mitgebracht, und auch eine Einladung zu ihrer EP-Release-Party im April. Für diese gab es in der Tombola 2×2 Karten zu gewinnen! 30 Minuten spielten die vier Herren sich in die Herzen der Menschen und zeigten mit ihren Songs die Vielschichtigkeit der Seele auf.
Shade Of Shambles beim VEIDstanz Festival Vol. 4
Auch die vierte Band des Tages bedarf keiner langen Vorrede mehr: SISC. Die Steampunk-Formation, ebenfalls aus Berlin, ist gemeinsam mit Shade Of Shambles mehrere Dekaden am Berliner Gothic-Musikmarkt aktiv. Ihre Sounds gehen von Steampunk, über folkige Einflüsse bis hin zu Songs, die von Shanty wie Santiano inspiriert sind. Und sie heizen dem Publikum mit einer Kaskade an Uptempo-Nummern ein. Highlight des heutigen Auftritts ist Tänzerin Marie, die die Band mit unglaublich gelenkiger Performance eindrucksvoll unterstützte.
Nach diesem Auftritt gab es eine etwas längere Umbaupause, denn die folgende Band hat nicht nur viele Mitglieder, und ein außergewöhnliches musikalisches Konzept, sondern benötigt dafür auch komplexe Technik. Die Besucher wurden für ihre Geduld mit einer weiteren LED-Show von Ravenchild belohnt. Tolle Jonglage mit kreativ beleuchteten oder fluoreszierenden Stoffen, Jojos und mehr. Mein persönliches Highlight dieser Darbietung: Die LED-Show mit Leisten, die durch schnelles Kreisen eine Art von Hologramm erzeugen, und zwischen den vielen Mustern die Logos aller beteiligten Bands und Unterstützern zeigte. Großartig!
Exklusiv-Interview on site mit molllust, DJ Asmo The Vampire von Radio DarkFire
Dann war es soweit, und Band #5 wurde von Symeon auf die Bühne promotet: 2011 gegründet, 2012 erster Platz bei den Bachspielen mit einem eigens komponierten Cover von Johann Sebastian Bach, August 2013 Newcomer des Jahres beim M’era Luna, Herbst 2013 erster Platz des sächsischen Förderpreises FMC… Aktuell mit dem dritten Studioalbum im Aufnahmeprozess. Die Rede ist von molllust aus der Stadt des WGT. Zu sechst füllten sie die Bühne und allein die Outfits zeigten deutlich worum es geht: Janika,
molllust beim VEIDstanz Festival Vol. 4
Imki und Sandrine mit ihren klassischen Parts erschienen in feinen Ballkleidern. Lena, Frank Simon und Eric an den modernen Instrumenten wie Drums, E-Gitarre und E-Bass erschienen im legèren Look. Und wie die Optik bereits erahnen lässt, verschmelzen Molllust klassische Musik mit modernen Metalsounds – und das gekonnt, wie imposant. Doch damit nicht genug, spricht Frontfrau Janika über ein sehr persönliches Erlebnis, und spielt eine Hommage an eine verlorene Freundin inklusive einer Gedenkkerze und ergreifender Widmung zu dem Song.
v.r.n.l.: Kathrin Schreier, Luci Van Org, Markus Symeon Blum
Zu fortgeschrittener Stunde war es an der Zeit, noch einmal den Sinn des Events aufzugreifen, und zu erläutern. Für alle später erschienenen Gäste. Dazu holte Symeon sich weibliche Verstärkung auf die Bühne: Kathrin Schreier, Regionalstellenleiterin der Geschäftsstelle Brandenburg/Berlin, und Schirmfrau Luci van Org. Zu dritt stellten sie noch einmal den begünstigten Bundesverband Verwaister Eltern und trauernder Geschwister in Deutschland eV (kurz VEID eV) mit seinem Zweck und den dazugehörigen Aufgaben vor. Dann folgte die Ziehung der Tombolagewinner mit Kathrin und Luci als Glücksfeen. Dabei entwickelte sich eine wirklich tolle Idee zu einem Phänomen. Barfrau Stacey gewann als erste. Ein T-Shirt. Da sie es aber nicht behalten wollte, bot sie es kurzer Hand zur Versteigerung an. Für 20 Euro in die Spendenbox des VEID eV ging das Kleidungsstück über den Auktionshandel weg. Diese Idee machte wie gesagt Schule. Insgesamt wurde währende der Ziehung sechs Mal so eine Spontane-Auktion gestartet, und steigerte so die Spendensummer noch einmal… Tolle Menschen seid ihr! Danke schön! Dieses tolle Erlebnis wurde dann mit Üebermutters amtlichen Abriss-Auftritt gefeiert. Luci zog klare Kante gegen die politischen und gesellschaftlichen Missstände in Deutschland, und sang ihre Wut heraus: laut, ergreifend, beeindruckend, mitreißend. Das Publikum zog 110% mit, und quittierte all ihre Statements inbrünstig mit Applaus und Jubel.
Nun ging es an den Endspurt… Während in der Halle der Umbau für den krönenden Abschluss vonstatten ging, zeigte Feuershow Ravenchild zum dritten Male, welches Feuer in ihnen lodert – im wahrsten Sinne des Wortes. Denn vor den Türen des Haus 13 war es mittlerweile dunkle und eisige Nacht geworden. Ein guter Zeitpunkt, um mit echtem Feuer zu jonglieren. Und das tat die Gruppe auf imposante Weise.
Mitternacht war um, aber die Stimmung blieb, und mit ihr die Gäste – für den krönenden Abschluss.
Circus of Fools. Doch bevor die Band aus Stuttgart,
Circus Of Fools in voller Pracht, VEIDstanz Festival Vol. 4
die bereits früh um 4 Uhr auf die Reise ging, unfassbare 9 Stunden zu abenteuerlichen Bedingungen über die Autobahn herfand, um gute 20 Stunden nach Abfahrt uns als Publikum mit einem ungebremsten Elan unterhalten durfte, gab es noch etwas bekanntzugeben. Mittlerweile gab es eine erste Zwischensumme aus der Spendenbox: 856.92 €. Diese wird in den folgenden Tagen nach dem VEIDstanz Festival Vol. 4 noch einmal aktualisiert werden. Man darf aber schon jetzt sagen, dass damit erneut eine Steigerung zum Vorjahr erzielt wurde! Grund genug, endgültig die Bühne freizugeben. Brachiale Riffs, harte Growls, harter Beat … und sanfte Frauenstimme in weiß-rot-silberne Kostüme gewandet.. So erlebten wir den Zirkus der Narren, der alles andere als das ist. Denn auch ihre Texte sind aufmerksamer Beobachtung unserer Welt und des Tagesgeschehens erwachsen. Die Songs beklagen Ungerechtigkeiten und Böswilligkeit. Sie fordern Zwischenmenschlichkeit und Einklang… Laut, und zu recht!
Luci Van Org mit Markus Symeon Blum
Und dann … kehrt Stille ein im Haus 13. Tim Strouken ruft Ben und Symeon zu sich auf die Bühne, um sich bei ihnen und mit ihnen bei allen Menschen im Haus 13 zu bedanken: den Angestellten des Pfefferbergs, den ehrenamtlichen Helfern in allen Bereichen des Events, Uli Hoppert von Siren Media für den herausragend guten Ton. Und da möchte ich anknüpfen.
Denn auch Uli hat einen höllischen Ritt von Siegburg in Nordrhein-Westfalen nach Berlin in der Freitagnacht auf sich genommen, mit Staus und eingefrorenen Sensoren am Fahrzeug, er hat die unglaublichen komplexen Anforderungen souverän und erfolgreich umgesetzt und – nicht nur meiner bescheidenen Meinung nach – für den besten Ton gesorgt, seit es das VEIDstanz gibt. Chapeau, lieber Uli! Ehrenamtliche Hilfe, über diese weite Entfernung hinweg, in dieser hochwertigen Qualität, allen Widrigkeiten zum Trotz. Abschließend noch einmal tosender Applaus für Dich!
Und auch für alle 7 Bands, die 14 ehrenamtlichen Helfer rund um Ben Koser,
Das Catering für die Bands und ehrenamtlichen Helfer kam von L&D Event Catering Berlin
sowie die 8 Angestellten des Haus 13, und an das Team des Restaurant Dehlers von L&D Eventcatering Berlin für ein leckeres Crew-Catering, das nicht nur reichlich, sondern auch absolut lecker war – sondern von euch und euren Zulieferern gesponsert war!
Für Radio DarkFire war dies das letzte VEIDstanz. Denn die Zentrale des beliebten Webradios zieht demnächst ins grüne Thüringen um. Es war eine interessante Zeit! Lehrreich! Und wir durften tolle Menschen kennenlernen. Beeindruckende Erinnerungen nehmen wir mit, und wünschen dem VEIDstanz weiterhin Wachstum, Erfolg und auch sonst alles gute. Denn die Idee, das Engagement und das Ziel sind in einer Zeit von Neoliberalismus, Kriegstreiberei sowie purer Gier und Missgunst ein wichtiges und richtiges Signal!
Symeon
EIne akkustische Rückschau auf das Benefiz-Event hat der Kollege Dj Asmo The Vampire für uns bereitet, und die hält sogar ein Interview mit mir bereit. Sollte jemand die Sendung verpasst haben, kann man die Aufzeichnung hier noch einmal erleben:
Heartburning Aftershow VEIDStanzFestival 2018.